Päpstliches in Weiss.
Die Roten mag er nicht so sehr. Bei den Weissen kommt er ins Schwärmen.
Gastautor Clemens Mally war wieder einmal in Südfrankreich, in der Gegend der Gegenpäpste. Und wie immer polarisiert seine Meinung, wenn er die Roten als "Mickey-Mouse" - Weine bezeichnet, dafür aber die Weissen in den Himmel lobt.
Vieilles Vignes - Alte Reben.
Was kann man über Château de Beaucastel eigentlich noch erzählen? Den meisten Lesern hier werde ich über dieses legendäre Weingut nichts mehr erzählen müssen.
Für die anderen: Château de Beaucastel ist eines der ganz bekannten Weingüter der südlichen Rhone. Das Gut liegt etwas außerhalb von Chateauneuf du Pape an einer schmalen Straße, die mehr einem Feldweg, als einem Hauptverkehrspunkt für Weinfreunde gleicht. Wobei: ich habe nicht den Eindruck, dass sich besonders viele Leute bzw. Weinenthusiasten zu Beaucastel verirren, denn bei all meinen Besuchen dort (und das waren inzwischen einige) war ich eigentlich immer alleine, also mit meiner reizenden Begleitung. Die Ortschaft Châteauneuf du Pape liegt zwischen Avignon und Orange. Das sollte an Wissen reichen.
Scheinbar bin ich nicht der einzige, den die Weine von Beaucastel langweilen. Oder andere lassen sich doch von diesem asphaltierten Feldweg abschrecken und das obwohl man ihn unbedingt befahren sollte, denn auf ihm findet man auch andere empfehlenswerte Weingüter wie Domaine de Marcoux
domainedemarcoux.com
. Ein tolles Haus, das in den vergangen Jahren immer wieder ganz besonders konzentrierte und tiefe Chateauneuf von alten Reben, sog. „Vieilles Vignes“ abfüllte. Alle (natürlich) sehr teuer – ich sollte mir vielleicht notieren, dass ich über dieses Weingut das nächste Mal erzähle.
Was aber stört mich an Beaucastels Chateuneufs? Ich habe den Eindruck, dass sie sich in der Vergangenheit zu viel in Richtung „Mickey Mouse“ entwickelten. Die Weine haben Fülle, sie haben Frucht und wirken trotz aller Wucht nicht wirklich strukturiert. Vielleicht liegt es aber auch an den vergangenen Jahrgängen. 2010 hat das Zeug dazu, anders zu werden, was aber noch immer nicht heißen muss, dass es bei Beaucastel auch besser wird. Der Jahrgang dürfte in der Gegend allerdings groß werden.
Roussane, Clairette, Picpoul und Picardan.
Kieselsteine und grober Schotter zwischen den Stöcken.
So: und jetzt sitz' ich hier und schreib mir die Finger über die Zustände dieses Weinguts wund, ohne zu erwähnen, dass es bei Beaucastel Weine gibt, die dann doch wieder anders, ja was heißt, Weine die ganz ganz ganz große Klasse sind. Weine mit Salz, prickelnd anmutender Mineralik und weit weg von den üblichen Konzentrationsorgien, die man aus diesen Breitengraden kennt. Weine, die nichts mit Grenache, Mourvedre, Syrah & Co zu tun haben und trotzdem aus Châteauneuf kommen - und diesen Namen stolz tragen.
Es sind ihre Weißweine, die in erster Linie aus Roussane (ja, man schreibt den hier nur mit einem "n") bestehen, und in den letzten Jahren (mir zumindest) bei weitem mehr Spaß bereiteten, als die Roten des Hauses. Hier gehe ich soweit, dass die Weine für mich zum Besten zählen, was Frankreich überhaupt zu bieten hat; und das ist doch einiges. Leider bin ich – so scheint es zumindest – nicht der Einzige, der das so sieht. Man erkennt das unter anderem am hohen Preis, den man für eine Flasche dieser Weine zu zahlen hat.
Was soll´s. Das Zeug ist gut, die Kalkulation legitim – es gibt kaum was davon - und überhaupt wird es Zeit darüber zu berichten. Denn leider habe ich den Eindruck, dass diese Weine schrecklich unterrepräsentiert sind. Am wenigsten liest man in den deutschsprachigen Weinmedien von ihnen. Die interessieren sich eher für gleichsprachige Weine und werden nicht nur deswegen immer langweiliger. Zum Glück gilt das nicht für uns hier...
Roussane, die Scarlett Johansson der weißen Rebsorten.
Ampelographie-Bild von Roussane.
Der mehr oder weniger "kleine", der zwei weißen Chateauneufs von Beaucastel heißt einfach Châteauneuf du Pape und besteht aus Roussane (über 80%), Grenache blanc und anderen Sorten. Was in ihm sonst noch so herumlungert konnte ich noch nicht herausfinden, aber so interessant ist das ohnehin nicht. (Anmerkung des Chefredakteurs: Es sind Clairette, Picpoul und Picardan - aber es ist wirklich nicht so wichtig).
Wichtiger: Die Reben sind bis zu 40 Jahre alt, ausgebaut wird der Wein in Holzfässern und Betontanks. Bevor ich es vergesse: wir sprechen von einem Wein des Jahrgangs 2010.
Er – vorausgesetzt man kann es sich leisten und bekommt genug davon – ist ein herrlicher Alltagsweißwein auf hohem Niveau. Seine Aromatik offenbart sich relativ schnell, nach kurzer Zeit hat man einen Wein, der durchaus ansprechend duftet – wenn man ihn nicht zu kalt wegzischt. Da spürt man dann sowas wie reife Ananas, Lychee und Honig. Im Mund zeigt er sich vollends trocken, mit gutem Körper und salzigem Gaumen. Auch wenn er jetzt schon schmeckt, eilig muss man es mit ihm nicht haben. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Wein in den nächsten Jahren noch gut entwickeln kann und wird.
Wer wirklich lagerfähigen Weißwein will, der sollte jedoch zum CdP „Vieilles Vignes“ greifen. Hier handelt es sich um einen 100%igen Roussane. Eine geile weiße Rebsorte. Für mich die Scarlett Johansson unter den weißen Sorten.
Sabber ned. Kauf.
Klassischer Weingarten in Châteauneuf du Pape.
Während ich nun zu sabbern beginne, (wobei ich nicht weiß ob es von meinem Roussane oder von Scarlett kommt) ein paar Dinge zu diesem Wein: 75 jährige Rebstöcke die auf Kalk gedeihen, auf dem ein ganzer Haufen runder Kieselsteine liegen, gebären den Rohstoff für diesen Nektar.
Im weiten Glas kommt die Aromatik zögerlich ans Licht: Keks, Rauch, auch die aromatische Frucht des Roussane kämpft sich langsam durch. Aber eigentlich will ich hier gar keine Neugier schüren. Zu groß wäre die Gefahr jemanden zum Öffnen dieses Trunks zu verleiten und davon rate ich ab. Viel zu sehr würde man diesen noblen Tropfen quälen. Wer ihn in 10 Jahren trinkt, hat garantiert mehr davon, soviel sei gesagt. Und: was gibt es schöneres, als einen exklusiven Wein einfach im Keller liegend zu wissen? Ich erfreue mich regelmäßig an solchen Tatsachen.
Wer sich für den günstigen, klassischen weißen Châteauneuf du Pape interessiert der klicke hier oben rechts auf Wagners Weinshop, wo man ihn um € 72,00 erstehen kann.
Wer sich mit dem Trinken mehr Zeit lassen möchte, der möge € 115 für einen der größten französischen Weißweine investieren und sich eine Flasche des Châteauneuf du Pape „Vieilles Vignes“ 2010 ebendort besorgen.
Alle Fotos wurden vom Weingut zur Verfügung gestellt.
© by Weinspitz_Helmut_Knall
last modified: 2012-08-17 17:26:06